Die deutsche Justiz erklärt die Vorwürfe der Rebellion und Aufstand als unzulässig.
Die politischen Gefangenen müssen auf der Stelle freigelassen werden.
Die ANC (Assemblea Nacional Catalana = Katalanische Nationalversammlung) ruft unter dem Motto “Die Spanische Justiz, eine Schande für Europa. Freiheit für die katalanischen politischen Gefangenen!” zu Kundgebungen vor den spanischen Konsulaten in ganz Europa auf
Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht hat heute beschlossen, dem europäischen Auslieferungsantrag gegen Präsident Carles Puigdemont wegen Veruntreuung stattzugeben. Die Anklagepunkte des Hochverrats und des Aufstandes wurden endgültig abgewiesen, da das Gericht es als erwiesen ansah, dass Präsident Puigdemont keine Gewaltanwendung vorgeworfen werden kann. Auch kennt das deutsche Strafrecht keine dem Tatbestand des Aufstands gegen den Staat entsprechende Straftat. Zugleich bleibt Präsident Puigdemont unter Auflagen weiterhin frei, während eventuelle Revisionsanträge der Staatsanwaltschaft oder der Anwälte Puiddemonts geprüft werden.
Aus diesem Grund haben die internationalen Verbände der ANC noch für heute unter dem Motto “Die spanische Justiz, eine Schande für Europa. Freiheit für die katalanischen politischen Gefangenen!” zu Kundgebungen vor den spanischen Botschaften und Konsulaten aufgerufen. Damit bekommt auch die für Samstag 19:00h ausgerufene Demonstration in Barcelona unter dem Motto „Kein Gefängnis, kein Exil – wir wollen Euch zuhause” eine andere Dimension. Ein Schrei nach Freiheit und für die Aufhebung der Anklagen.
Obwohl die Vorwürfe des Aufstands und des Hochverrats endgültig abgewiesen worden sind, wollte das Schleswig-Holsteinische OLG nicht ausschließen, dass Gelder veruntreut worden seien. Wir erinnern daran, dass der die Klage führende Richter Llarena und die spanische Guardia Civil davon ausgehen, dass das Referendum vom 1. Oktober mit öffentlichen Geldern finanziert worden sei. Und das, obwohl der bis vor kurzem amtierende spanische Wirtschaftsminister Cristóbal Montoro öffentlich und wiederholt erklärt hat, dass kein einziger Euro aus der öffentlichen Kasse für diesen Zweck ausgegeben worden ist.
Zusammen mit dem Beschluss der belgischen Justiz im Mai, dasselbe europäische Auslieferungsgesuch vollständig zurückzuweisen, stellt die heutige Entscheidung einen herben Rückschlag für den Richter Llarena und die spanische Justiz dar. Denn trotz der drohenden Auslieferung wegen Veruntreuung stellt dieser Beschluss die gesamte Prozessführung Madrids in Frage und macht offensichtlich, dass weder ein Aufstand noch Hochverrat stattgefunden haben. Veruntreuung wird mit 2 bis 6 Jahren Haft bestraft, wesentlich weniger als die 15 bis 30 Jahre, die als Haftstrafe für Aufstand oder Hochverrat vorgesehen sind. In wenigen Tagen wird auch der Beschluss des schottischen Gerichts darüber erwartet, ob Clara Ponsatí, die ehemalige katalanische Ministerin, die sich im Exil in Schottland befindet, an Spanien ausgeliefert wird oder nicht. Auch die Ministerin Clara Ponsatí musste bislang in Schottland nicht in Untersuchungshaft. Dies verdeutlicht erneut die Einseitigkeit und die unverhältnismäßige Härte der spanischen Justiz, die nicht nur neun katalanischen politischen Häftlingen Taten vorwirft, die es weder in Belgien noch in Deutschland gibt, sondern die auch die einzige von diesen Ländern ist, die den Vollzug der Untersuchungshaft angeordnet hat.
Aufgrund des Vorwurfs der Rebellion, der laut deutscher Justiz nicht zulässig ist, sitzen 9 führende Politiker und Aktivisten seit Monaten im Gefängnis und 6 der am 21.12. gewählten Abgeordneten sollen suspendiert werden. Wir fordern deren sofortige Freilassung und die Rücknahme der Anklagen.
Die Art der Prozessführung der spanischen Anklage steht auch in direktem Widerspruch zu den Erklärungen und Richtlinien, die internationale Organisationen zur Untersuchungshaft etabliert haben. Sowohl Amnesty International als auch das Kommissariat für Menschenrechte der UNO haben die Rückwärtsentwicklung der Menschenrechte in Spanien angeprangert und den Dialog als Lösung dieses politischen Konflikts angemahnt.
Ein komplexer Prozess, der noch 6 oder 9 Monate dauern kann
Präsident Carles Puigdemont wurde am 25. März dieses Jahres in Schleswig-Holstein verhaftet, nachdem der spanische Richter Llarena einige Tage zuvor den europäischen Haftbefehl erneut erlassen hatte. Damit hat er Deutschland und Europa ganz direkt in den politischen Konflikt gezogen, der in Katalonien ausgetragen wird. Dieses Verfahren hat sich mit der heutigen Entscheidung in aller Deutlichkeit seinem Ende genähert: kein Aufstand, kein Hochverrat in den Augen der deutschen Justiz.
Obwohl der Senat des OLG der Auslieferung wegen des Verdachts der Veruntreuung stattgibt, hält er es nicht für nötig, eine Untersuchungshaft für Präsident Puigdemont anzuordnen. Auch dies markiert einen krassen Unterschied zur Situation der katalanischen Angeklagten in Spanien. So bleibt Präsident Carles Puigdemont in Deutschland weiterhin auf freiem Fuß, bis das Gericht über eine eventuell eingelegte Beschwerde durch die deutsche Staatsanwaltschaft entscheidet, zunächst am OLG und später am Bundesverfassungsgericht. Das Verfahren kann somit noch sechs bis neun Monate länger andauern.